Warum essen wir oft mehr, als wir sollten?
Jeder kennt es: Man greift zur Chipstüte, nimmt sich „nur eine Handvoll“ – und ehe man sich versieht, ist die ganze Packung leer. Aber warum fällt es uns bei bestimmten Lebensmitteln so schwer, aufzuhören? Der Grund liegt oft in der Art, wie verarbeitete Lebensmittel unser Sättigungsgefühl manipulieren.
Industrieprodukte sind nicht nur praktisch, sondern auch so konzipiert, dass wir mehr davon essen wollen. Doch was genau passiert dabei in unserem Körper? Und gibt es Möglichkeiten, sich dagegen zu schützen?
Wie funktioniert unser Sättigungsgefühl?
Unser Körper nutzt mehrere Mechanismen, um zu regulieren, wann wir satt sind. Einer davon ist die mechanische Sättigung: Wenn der Magen sich durch Nahrung ausdehnt, melden Dehnungsrezeptoren dem Gehirn, dass genug Volumen erreicht wurde. Lebensmittel mit hohem Wasser- und Ballaststoffgehalt, wie Gemüse oder Vollkornprodukte, sorgen hier für ein schnelles Sättigungsgefühl.
Auch hormonelle Signale spielen eine wichtige Rolle. Nach dem Essen schüttet unser Körper Hormone wie Leptin, Insulin und Peptid YY aus, die das Hungergefühl reduzieren. Während Leptin langfristig den Energiehaushalt reguliert, sorgen Insulin und Peptid YY für eine kurzfristige Sättigung.
Ein weiterer Faktor ist die Blutzucker-Sättigung. Kohlenhydrate lassen den Blutzuckerspiegel ansteigen, was kurzfristig sättigt. Doch raffinierte Kohlenhydrate wie Zucker oder Weißmehl führen zu einem schnellen Anstieg und anschließenden Abfall des Blutzuckers, was erneuten Hunger auslöst.
Schließlich beeinflusst auch die sensorische Sättigung, also Geschmack und Konsistenz der Nahrung, wie schnell wir das Bedürfnis nach weiterem Essen verlieren. Natürliche Lebensmittel sättigen meist schneller, während verarbeitete Produkte oft so konzipiert sind, dass sie diese Signale verzögern – etwa durch intensive Aromen oder eine besonders leicht kaubare Konsistenz.
Verarbeitete Lebensmittel nutzen gezielt diese Mechanismen, um unser natürliches Sättigungsgefühl zu überlisten – und genau das macht es so schwer, bei Chips, Süßigkeiten oder Fast Food aufzuhören.

5 Wege, wie verarbeitete Lebensmittel unser Sättigungsgefühl manipulieren
1. Hohe Energiedichte, aber wenig Volumen
Hochverarbeitete Lebensmittel zeichnen sich oft dadurch aus, dass sie eine hohe Kaloriendichte, aber nur wenig Volumen haben. Im Gegensatz dazu enthalten natürliche Lebensmittel wie Gemüse, Obst oder Vollkornprodukte viel Wasser und Ballaststoffe, wodurch sie den Magen füllen und schneller ein Sättigungsgefühl auslösen. Verarbeitete Produkte wie Chips, Kekse oder Schokolade sind hingegen kompakt, kalorienreich und meist arm an sättigenden Nährstoffen. Dadurch kann man große Mengen davon essen, ohne dass der Magen frühzeitig meldet: „Ich bin voll.“
Ein gutes Beispiel dafür sind Kartoffeln. 100 Gramm gekochte Kartoffeln liefern etwa 75 Kalorien, nehmen jedoch aufgrund ihres hohen Wassergehalts viel Platz im Magen ein und sorgen für eine langanhaltende Sättigung. Im Gegensatz dazu enthalten 100 Gramm Kartoffelchips rund 500 Kalorien – und aufgrund ihrer geringen Dichte lassen sie sich mühelos in großen Mengen verzehren, ohne dass sich schnell ein Sättigungsgefühl einstellt. Dieser Unterschied macht es leicht, bei hochverarbeiteten Lebensmitteln unbemerkt zu viele Kalorien aufzunehmen.

2. Schnell verdauliche Kohlenhydrate täuschen das Sättigungsgefühl
Viele Fertigprodukte enthalten raffinierte Kohlenhydrate wie Weißmehl oder Zucker, die den Blutzuckerspiegel schnell ansteigen lassen. Dieser rasche Anstieg sorgt für einen kurzfristigen Energieschub, doch ebenso schnell fällt der Blutzucker wieder ab – und genau das löst erneuten Hunger oder sogar Heißhungerattacken aus. Im Gegensatz dazu enthalten natürliche, ballaststoffreiche Lebensmittel komplexe Kohlenhydrate, die langsamer verdaut werden und für eine gleichmäßigere Energieversorgung sorgen.
Ein gutes Beispiel dafür ist Vollkornbrot, das durch seinen hohen Ballaststoffgehalt die Verdauung verlangsamt und dadurch länger satt hält. Toastbrot hingegen, das meist aus raffiniertem Mehl besteht, wird schneller abgebaut und führt schneller zu erneutem Hunger. Ähnlich verhält es sich bei zuckerhaltigen Getränken wie Cola: Sie liefern zwar sofort Energie, lassen den Blutzucker aber rasch wieder absinken, sodass das Hungergefühl kurz darauf erneut auftritt.
3. „Bliss Point“: Die perfekte Kombination aus Fett, Zucker und Salz
Die Lebensmittelindustrie setzt gezielt auf den sogenannten Bliss Point – die perfekte Balance aus Fett, Zucker und Salz, die unser Gehirn maximal stimuliert und belohnt. Diese Kombination aktiviert das Belohnungssystem im Gehirn auf ähnliche Weise wie suchterzeugende Substanzen, wodurch wir dazu verleitet werden, immer weiter zu essen, selbst wenn unser Körper eigentlich längst satt sein sollte.
Ein besonders deutliches Beispiel dafür sind Chips und Fast Food, die eine ideale Mischung aus Fett und Salz enthalten, die den Appetit anregt und den Drang nach weiterem Essen verstärkt. Ebenso verführerisch sind Kekse und Schokolade, die Zucker und Fett in einer Weise kombinieren, die unsere Geschmackssinne besonders anspricht und es schwer macht, nach nur einem Stück aufzuhören. Diese gezielte Zusammensetzung sorgt dafür, dass wir oft weit mehr essen, als unser Körper tatsächlich benötigt.

4. Künstliche Aromen und Zusatzstoffe täuschen unser Gehirn
Industriell hergestellte Lebensmittel sind häufig mit künstlichen Aromen und Geschmacksverstärkern angereichert, die den Geschmack intensivieren und gleichzeitig das natürliche Sättigungsgefühl hinauszögern. Diese Zusatzstoffe sorgen dafür, dass Lebensmittel besonders verlockend schmecken und unser Körper weniger schnell erkennt, wann er genug hat. Im Gegensatz dazu haben natürliche Lebensmittel oft einen „ehrlichen“ Geschmack, der uns intuitiv signalisiert, wenn unser Bedarf gedeckt ist.
Ein gutes Beispiel dafür ist Joghurt: Naturjoghurt hat einen milden, neutralen Geschmack und sättigt schnell, da er keine zusätzlichen Reize setzt, die den Appetit weiter anregen. Aromatisierter Fruchtjoghurt hingegen enthält oft große Mengen Zucker und künstliche Aromen, die den Geschmack verstärken und den Verzehr besonders angenehm machen – was dazu führt, dass man leicht mehr isst, als man eigentlich bräuchte.
5. Weiche, leicht kaubare Konsistenz führt zu schnellerem Essen
Verarbeitete Lebensmittel sind häufig so gestaltet, dass sie besonders leicht und schnell zu essen sind. Weiche Brötchen, cremige Soßen oder zartschmelzende Schokolade erfordern kaum Kauen und können ohne großen Aufwand konsumiert werden. Dadurch nehmen wir größere Mengen in kürzerer Zeit auf, ohne dass unser Körper ausreichend Zeit hat, Sättigungssignale auszusenden.
Ein anschauliches Beispiel ist der Vergleich zwischen einer Apfelsine und einem Glas Orangensaft. Eine Apfelsine muss zunächst geschält und anschließend gekaut werden, was das Essen verlangsamt und das Sättigungsgefühl fördert. Orangensaft hingegen kann in wenigen Sekunden getrunken werden, ohne dass der Körper das Gefühl bekommt, wirklich etwas gegessen zu haben. Genau dieser Effekt wird bei vielen verarbeiteten Lebensmitteln genutzt, um den Konsum zu steigern und uns unbewusst mehr essen zu lassen.
Wie kann man sich davor schützen?
- Mehr unverarbeitete Lebensmittel essen: Setze auf natürliche Lebensmittel mit Ballaststoffen, Eiweiß und gesunden Fetten.
- Langsamer essen & bewusst kauen: Gib deinem Körper Zeit, Sättigungssignale zu senden.
- Auf versteckten Zucker achten: Zucker steckt oft in unerwarteten Produkten – prüfe die Zutatenliste.
- Fertigprodukte mit hoher Energiedichte vermeiden: Je kaloriendichter ein Produkt, desto mehr isst man davon.
- Genug Eiweiß und gesunde Fette einbauen: Sie halten länger satt als schnelle Kohlenhydrate.
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Fazit Sättigungsgefühl: Bewusst essen
Verarbeitete Lebensmittel sind gezielt darauf optimiert, unser natürliches Sättigungsgefühl zu überlisten – sei es durch eine hohe Kaloriendichte bei geringem Volumen, raffinierte Kohlenhydrate, die den Blutzuckerspiegel schwanken lassen, oder eine Kombination aus Fett, Zucker und Salz, die unser Belohnungssystem triggert. Hinzu kommen künstliche Aromen, Geschmacksverstärker und leicht verzehrbare Konsistenzen, die dazu führen, dass wir unbewusst mehr essen, als unser Körper eigentlich benötigt.
Doch wer sich dieser Mechanismen bewusst ist, kann gezielt gegensteuern. Eine bewusste Lebensmittelwahl, die auf natürliche, ballaststoffreiche und wenig verarbeitete Produkte setzt, hilft dabei, das Sättigungsgefühl besser zu regulieren. Wer langsamer isst, auf versteckte Zusatzstoffe achtet und verarbeitete Lebensmittel möglichst reduziert, kann vermeiden, in die „Fallen“ der Industrie zu tappen – und sich langfristig gesünder und ausgewogener ernähren.
Bilder
Titelbild: Pixabay, ulleo, #1457769
Chicken Nuggets: Pixabay, Engin_Akyurt, #5577519
Chips: Pixabay, Bru-nO, #2710510
Nougatcreme: Pixabay, sipa, #272934
Süßes Teilchen: Pixabay, Intuitivmedia, #4840780
Quellen
Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) (2015) ‚Sättigungspotenzial von Fett aus Lebensmitteln‘, DLG Expertenwissen, 08/2015. Verfügbar unter: https://www.dlg.org/mediacenter/alle-publikationen/dlg-expertenwissen/foodchain/dlg-expertenwissen-08-2015-saettigungspotenzial-von-fett-aus-lebensmitteln (Zugriff am: 6. März 2025).
Hirschberg, J. and Hegele, R.A. (2021) ‚Hunger und Sättigung‘, in Koletzko, B., Cremer, M., Flothkötter, M., Przyrembel, H. and Watzl, B. (Hrsg.) Ernährungsmedizin: Prävention und Therapie. Berlin, Heidelberg: Springer. Verfügbar unter: https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-662-61667-3_11 (Zugriff am: 6. März 2025).